Do’s and Don’ts fürs Cosplay
Cosplay ist mittlerweile in fast allen Schichten der Gesellschaft angekommen. Nur noch wenige sind in Fan-Foren unterwegs oder stützen sich auf andere Communities – die meisten steigen quer ins Hobby ein. Das ist super und öffnet das Hobby für alle, die Interesse daran zeigen. Allerdings geraten so auch manchmal ein paar Dinge in Vergessenheit, die in der Szene allgemein bekannt sind. Für alle Einsteiger und andere Interessenten habe ich deswegen ein paar grundlegende Denkanstöße zusammen gestellt, wie das Leben in der Cosplay Community noch harmonischer wird.
Im Allgemeinen gilt wie so oft im Leben: behandle andere so, wie du selbst gerne behandelt werden möchtest!
Cosplay entwickeln
Bei der Entwicklung eines Cosplays kann man seinen Fokus auf viele verschiedene Dinge legen. Manchen Leuten ist es wichtig, dass der Charakter einem ähnlich sieht, oder dass man eine Verbindung zum Charakter hat. Einigen ist die akkurate Ausführung wichtig, andere fühlen sich in der schauspielerischen Darstellung zu Hause. Manche Cosplays sind komplett selbst erfunden oder alternative Varianten eines bekannten Charakters.
Cosplay bietet sehr viel Freiraum in der Interpretation und Ausführung und es ist wichtig, diesen Freiraum bei sich und bei anderen zu respektieren. Was die einen als „einfach“ empfinden, ist für andere bereits großer Aufwand oder Überwindung. Ein Charakter hat vielleicht ein anderes Geschlecht oder eine andere Statur und manchmal will man auch einen Charakter darstellen, dessen perfekte Darstellung nicht dem eigenen Fertigkeitenlevel entspricht. All das ist erlaubt und sollte respektiert werden. Bei aller Freiheit gibt es allerdings einige Dinge, die in der Cosplay Szene nicht gerne gesehen werden. Eins der wichtigsten Themen, das in letzter Zeit heiß diskutiert wurde ist das sogenannte „blackfacing„. Wenn ein Charakter eine andere (dunklere) Ethnizität als man selbst hat, sollte diese nicht durch die Nutzung von Make-up oder Selbstbräuner dargestellt werden. Einige argumentieren, dass ein akkurates Cosplay so eine Veränderung benötigt, genau wie Alien-Hautfarben oder Perücken. Mal ganz davon abgesehen, dass die Vertreter dieser Meinung häufig nicht zu Silikonprothesen, Körperformern oder anderen Hilfsmittel greifen um diese Authentizität zu erreichen von der sie sprechen, kann man fast alle Kostüme auch komplett ohne Hauttonveränderung erkennen. Ganz allgemein gilt außerdem der Leitsatz, der sich auch im deutschen Karneval in den letzten Jahren immer weiter verbreitet „Meine Herkunft ist kein Kostüm!“. Eine ausführliche Erklärung, weshalb „blackfacing“ problematisch ist würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen, aber hier ist der Link zu einem Beitrag, den ich dazu geschrieben habe.
Cosplay tragen
Besonders auf Conventions und größeren Veranstaltungen gilt: Seid euch eures Kostüms bewusst! Wir alle lieben es, große und aufwendige Cosplays anzuschauen, aber diese zu tragen ist nicht immer bequem oder einfach. Natürlich möchte niemand auf eine Convention gehen, um dort nur an einem Fleck zu stehen, allerdings ist es manchmal etwas schwierig über das volle Gelände zu kommen, wenn man ein komplexes Kostüm trägt. Wer riesige Flügel trägt oder eine lange Schleppe oder spitze Kanten hat, sollte nicht damit rechnen einach, schnell und bequem auf der Convention voran zu kommen. Die Gänge sind meistens eng und sehr viele Leute, die nicht auf euch speziell achten gehen gleichzeitig durch die Gänge. Mal abgesehen davon, dass euer Cosplay darunter leiden könnte, dass euch jemand auf den Umhang tritt oder eure Schulterapplikationen streift, so solltet ihr vor allem auch bedenken, dass ihr auch andere verletzen könnt. Eine spitze Niete bohrt sich schnell mal in den Arm von jemandem der vorbei geht, oder die nicht ganz festen Federn des Capes stechen jemandem ins Auge, wenn sich unachtsam umgedreht wird. Und genauso wie ihr nicht wollt, dass jemand Kunstblut auf eur Prinzessinnen Kleid schmiert, während ihr in der Fotoshlange steht, will ein Ork vielleicht nicht euren Glitzer abbekommen, wenn ihr euch mit dem Reifrock an ihm vorbei schleicht. Beim Sitzen vor der Bühne, sollte man zusätzlich schauen, ob man wirklich unbedingt mit den 2 Meter Flügeln oder der halbmeter großen Perücke in der ersten Reihe in der Mitte sitzen muss, oder ob es ein Platz am Rand nicht auch tut. Für die ganz extremen Cosplays kann man sich auch selbst einen Zeitraum und einen Ort festlegen: der Cosplay Contest ist immer eine gute Möglichkeit sich zu präsentieren. Anschließend kann man sich noch seinen Lieblingsfotografen schnappen und das Outfit toll in Szene setzen. Oder man schaut in den Tagesplan und findet einen Zeitraum, in dem einem keine Bühnenshows interessieren und schmeißt sich für eine Stunde oder drei ins Cosplay und sucht sich einen Platz aus an dem man sich präsentieren möchte. Wichtig ist, sich darüber bewusst zu sein, wie tragbar euer Kostüm ist. Wenn ihr wisst dass es anstrengend ist, oder ihr euch nach einer Weile unwohl fühlt, nehmt euch lieber Wechselkleidung mit und genießt dafür die kürzere Zeit im Kostüm umso mehr.
Cosplays anschauen
Wenn man auf einer Convention ein tolles Cosplay sieht, dann schaut man gerne auch etwas länger hin. Die meisten Cosplayer sind sich dessen bewusst und werden auch gerne für ihre Anstrengungen bewundert und sehnen sich nach anerkennenden Blicken. Ein freundliches Lächeln, ein Zunicken oder ein Daumen hoch sind immer willkommen. Wichtig ist für den Betrachter allerdings, dass Ansehen nicht zu Anstarren wird. Wenn man als Cosplayer spürt wie man aus 30 Meter Entfernung mit einem Blick fixiert wird, kann das zu Unbehagen führen. Aus einer näheren Distanz ist es meistens sogar noch unangenehmer. Natürlich gibt es an den meisten Cosplays viele Details die man sich gerne genauer anschauen möchte, aber diese befinden sich meistens nicht im Auschnitt oder auf dem Hintern. Wenn euch etwas ganz besonders gefällt, oder ihr etwas genauer anschauen möchtet, ist es das Beste, die Person darauf anzusprechen. Die meisten Cosplayer*innen sind sich der Wirkung ihres Looks bewusst und lassen euch genauer hinschauen. Oftmals können sie sogar stundenlang über den Charakter oder das Outfit reden. Unangenehme Blicke können das Erlebnis allerdings trüben und das ist sicherlich nicht, was ihr erreichen wolltet. Aber auch ein schnelles Kompliment im Vorbeigehen, kann einer Person schon den Tag versüßen.
Cosplayer*innen ansprechen
Nicht jeder Mensch kann einfach auf andere zugehen und sie ansprechen, aber es ist häufig auch nicht nötig. Wie bereits oben beschrieben reicht oft auch eine positive Geste, oder ein schnelles Kompliment aus, um eure Begeisterung Kund zu tun. Wenn ihr allerdings über das Kostüm oder den Charakter reden möchtet, solltet ihr euch unbedingt trauen! Die erste Hürde eines gemeinsamen Interesses ist schließlich schonmal überwunden. Dadurch, dass ihr euch am selben Ort befindet und den selben Charakter mögt, habt ihr bereits ein Gesprächsthema. Ein kurzes Kompliment, ein Spruch aus dem Fandom oder eine Geste des Charakters kann bereits das Eis brechen. Auch gezielte Fragen zum Kostüm, Perücke oder Make-up werden die meisten Cosplayer*innen liebend gerne beantworten. Sie haben nicht umsonst die ganze Arbeit in ihren Auftritt gesteckt und sind froh, über ihr Projekt zu sprechen. Seid dabei immer höflich und denkt daran, dass hinter jede/r/m Cosplayer*in ein ganz normaler Mensch mit Gefühlen, Empfinden und persönlichen Grenzen steckt. Wenn jemand nicht mit euch sprechen möchte, sich schnell entfernt oder sogar ignoriert, ist das keine böse Geste, die sich gegen euch persönlich richtet. Vielleicht ist diese Person auf dem Weg zur Toilette, will sich mit jemandem treffen oder fühlt sich einfach gerade unwohl. Respektiert die persönliche Freiheit der anderen Gäste genau so wie ihr möchtet, dass eure freie Entfaltung gewährleistet wird. Das gilt vor allem auch dann, wenn ihr mit Ablehnung zu tun bekommt, zum Beispiel wenn ihr nach einem Foto fragt. Niemand (auch nicht die bezahlten Gäste) ist dazu verpflichtet nach euren Wünschen zu handeln. Ein Kostüm ist keine Zustimmung und Nein heißt Nein!
Cosplay fotografieren
Fast alle Cosplayer werden gerne fotografiert. Aber genau wie man selbst manchmal mehrere Selfies schießt bevor man eins mag, so wollen auch Cosplayer möglichst gut aussehen auf den Fotos. Daher ist es sehr unhöflich, einfach heimlich oder unbemerkt Fotos zu schießen. Wenn man sich unbeobachtet fühlt, sieht man nicht immer schmeichelhaft aus und auch Cosplayer*innen haben ihre Pausen verdient. Fotografiert niemandem beim Essen oder wenn sie gemütlich ausruhen, außer ihr habt vorher ausdrücklich nach Erlaubnis gefragt! Eine solche Erlaubnis solltet ihr euch generell immer einholen wenn ihr jemanden fotografiert, der nicht auf der Bühne steht. Durch die europäische Datenschutzverordnung und das neue deutsche „upskirting“-Gesetz, könntet ihr euch gegebenenfalls sogar damit strafbar machen. Doch das Gesetzliche mal beiseite, hat das vor allem mit Respekt gegenüber der anderen Person. Auch die Ausrede der Sprachbarriere gilt hier nicht, da die Frage nach einem Foto wunderbar pantomimisch dargestellt werden kann. Fast jede*r Cosplayer*in wird sich liebend gerne für euch in Pose schmeißen, oder mit euch ein Selfie schießen. Man verkleidet sich schließlich, um gesehen zu werden. Doch auch hier gilt es die persönlichen Grenzen Anderer zu beachten. Jemanden anzufassen, in den Arm zu nehmen oder zu küssen ist nicht selbstverständlich, auch dann nicht, wenn es „zum Charakter passt“. Und sollte ein*e Cosplayer*in tatsächlich mal keine Lust (oder Zeit) haben sich fotografieren zu lassen, so müsst ihr auch das hinnehmen. Auch dann ist es immer noch nicht ok, stattdessen heimlich Fotos zu machen. Ich wiederhole hier gerne noch einmal: Ein Kostüm ist keine Zustimmung und Nein heißt Nein!
Cosplay veröffentlichen
Ganz allgemein gilt, dass nur die fotografierende und die fotografierte Person das Recht haben ein Bild online zu stellen. Bei Bildern von großen Gruppen oder Ansammlungen ist es etwas anderes, aber wenn eine oder wenige Personen dargestellt werden, so muss sich deren Erlaubnis eingeholt werden, bevor das Foto veröffentlicht werden kann. Wenn ihr (so wie es sich gehört) vorher gefragt habt, ob ihr die Person fotografieren dürft, könnt ihr direkt sagen, wo ihr potentiell veröffentlicht und damit auch direkt eine Erlaubnis einholen. Manche Cosplayer*innen wollen nicht außerhalb ihrer eigenen Plattformen veröffentlicht werden, aber die meisten freuen sich über die Verbreitung. Meistens bekommt man noch den Hinweis, dass man doch bitte verlinken soll, oder Bescheid geben wenn die Veröffentlichung stattfindet. Dafür tragen die meisten Cosplayer*innen Visitenkarten mit sich, auf denen ihre Facebook-Seite, Instagram-Handle oder Webseite steht. Wenn ihr vorhabt über die Veranstaltung zu bloggen und viele Bilder hochladen werdet, könnt ihr stattdessen auch selber Visitenkarten ausgeben, um nicht jede fotografierte Person einzeln anschreiben zu müssen. Desweiteren ist es sehr hilfreich, eure Uploads deutlich zu benennen, so dass sie in einer Suche gefunden werden können. Wenn eure Fotos „DSC07-4321“ heißen, tauchen sie in keiner Suchmaschine auf. Wenn aber der Blogbeitrag, Instagrampost und Facebook Ordner klar mit dem Namen und Datum der Convention gekennzeichnet sind, oder gängige Hashtags verwendet wurden, sind sie leichter zu finden und ihr bekommt ganz nebenbei auch noch mehr traffic.
Cosplay kommentieren
Wenn die Bilder einmal im Internet gelandet sind, bleiben die Kommentare nicht aus. Leider sind häufig auch negative Kommentare dabei, die die Handarbeit kritisieren, oder die Person die im Kostüm steckt. Solche Kommentare sind nicht nur verletzend, sondern auch unnötig. Wer dicker, kleiner oder uncharismatischer als sein gewählter Charakter ist, weiß das normalerweise. Trotzdem ist die Liebe zum Charakter und zum Cosplay groß genug, dass diese Person sich die Mühe gemacht hat ein Kostüm zu kaufen oder herzustellen, sich zu stylen und fotografieren zu lassen und das Ergebnis ins Internet zu stellen. Negative Kommentare ändern nichts an der Tatsache, dass all das passiert ist. Aber sie ändern eventuell etwas daran, ob dies nochmal passiert. Denn solche verletzenden Kommentare sind nicht „nur Worte“ oder „bloß im Internet“. Sie haben reale Auswirkungen im Leben der Person die kritisiert wurde. Die psychischen Angriffe solcher Trolle können eine starke Wirkung auf das Selbstbewusstsein haben, oder auch jahrelange Arbeit an der Selbst-Akzeptanz zerstören. Selbst die oftmals gut gemeinten Ratschläge zur Verbesserung des Kostüms oder der Posen können, wenn sie im falschen Moment kommen, sehr verletzend sein. Grundsätzlich gilt beim Kommentieren: wer nichts nettes zu sagen hat, sollte lieber schweigen. Auch konstruktive Kritik sollte nur dann gegeben werden, wenn danach gefragt wird, da man niemals weiß, in welchem mentalen Zustand sich die Betroffene Person befindet oder wie viel Mühe bereits in den Versuch geflossen ist. Auch wenn es „gut gemeint“ ist, heißt das nicht, dass es auch gut ankommt. Wenn euch wirklich etwas daran liegt, die Fähigkeiten einer Person zu verbessern, könnt ihr stattdessen fragen ob er/sie Lust hat, über das Projekt zu reden. Ganz oft kann man so nicht nur Wissen weitergeben, sondern auch noch selbst etwas dazu lernen. Hier gilt also ganz besonders die Aussage, die ich bereits ganz am Anfang des Betrags getroffen habe: behandle andere so, wie du selbst gerne behandelt werden möchtest!
Wenn ihr aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund unbedingt lästern müsst, weil ihr sonst explodiert, dann macht es wenigstens heimlich. Redet über die Person erst, wenn sie euch nicht mehr hören kann oder schickt einen Screenshot an jemanden, der genau so ein Bedürfnis nach Negativität hat wie ihr selbst. Es gibt keinen Grund, warum ihr mit euren eigenen Unsicherheiten oder hohen Ansprüchen jemand anderen den Tag, die Woche oder die gesamte Erinnerung an ein tolles Ereignis versauen müsst.
Mit diesem kleinen Guide im Hinterkopf, hoffe ich auf eine harmonische Community und tolle Zeiten auf den Conventions (die hoffentlich bald wieder statfinden können). Wenn ihr noch etwas hinzuzufügen habt, schreibt es gerne in die Kommentare, ich freue mich auf eure Rückmeldung!
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